Es war wieder ein großes Treffen der Trailrunningszene in Maria Alm, wo die 9. Auflage des Hochkönigman stattfand. Neben dem Skyrace gab es noch 7 weitere Strecken mit Distanzen von 2,6km bis 84km. Zusätzlich auch Bambini- und Kinderläufe. Somit kann ein Ausflug nach Maria Alm schnell zum Familienevent werden, da für Jeden eine passende Strecke zur Verfügung gestellt wird.
Leider meinte es der Wettergott alles andere als gut mit uns. Schon Tage vorher gab es ordentlich Regenschauer und auch für das Rennwochenende war Regen gemeldet. Somit wurde die Strecke dementsprechend “entschärft”. Der Aufstieg von Maria Alm bis hinauf zum Riemannhaus wurde auf die Hälfte verkürzt. An der Materialseilbahn war erstmal Schluss. Zu groß war die Gefahr, dass im Steinernen Meer ein Notfall passieren könnte und aufgrund des schlechten Wetters definitiv kein Heli fliegen könne, um einen Läufer aus dem Berg zu holen. Das Steinerne Meer war somit leider nicht mehr Teil meiner Strecke.
Schade, denn gerade dieser Abschnitt hatte mich gereizt und war der Grund, warum ich überhaupt auf dieser Strecke angemeldet war.
Aber am Wetter ändert man eben nichts. Safety first! Alle anderen Distanzen wurden so belassen, wie es geplant war. Dass am Ende alles anders kommt, konnte zu diesem Zeitpunkt keiner erahnen und wissen….
Es ist Freitagnachmittag, die Stimmung am Eventgelände ist großartig. Das große Zelt ist gut organisiert und Ruckizucki hatte ich meine Startnummer. Auch die Ausrüstungskontrolle war schnell erledigt.
Mein Start war Samstag früh um 8.30 Uhr. Immerhin konnte ich ausschlafen.
Da stand ich nun – bei meinem ersten offiziellen Skyrace. Es regnete und das sollte sich das ganze Rennen nicht ändern. Unter diesen Bedingungen wird das alles andere als ein Spaziergang. Noch dazu machten mir die 7h Zeitlimit ein bisschen Kopfzerbrechen. Die Höhenmeter schreckten mich nicht ab, genauso wenig wie die Kilometerangabe oder das hochalpine Gelände. Schließlich liebe ich es, im Gebirge zu laufen und/aber meist auch auf den ganz langen Distanzen. Allerdings ist das Lauftempo da etwas gemütlicher, was mir eher liegt. Es wird also ein Lauf gegen die Uhr sein. Ungewiss, ob ich das Ziel rechtzeitig erreiche, vor allem unter diesen Bedingungen. Downhill ist eher meine Stärke, aber nass und rutschig ist es fast genauso anstrengend wie im Uphill und Zeit gutmachen werde ich wohl auch nicht allzu viel können. Es blieb also spannend.
Im letzten Jahr stand ich beim Marathon an der Startlinie und mir war damals schon klar, dass ich unbedingt rauf ins Steinerne Meer und zum Riemannhaus wollte. Die Teilnahme am Skyrace war sozusagen damals schon in Planung.
Das Starterfeld war gut besetzt, Teilnehmerzahl und Niveau waren sehr hoch, da der Lauf einer der Qualifikationsläufe für die Weltmeisterschaft im Skyrunning ist. Dementsprechend war das Niveau, vor allem an der Spitze.
Der Startschuss fiel, die Alternativ Route führte mich von Maria Alm bis hinauf zur Materialseilbahn, ca 750 Höhenmeter unterhalb vom Riemannhaus. Schnell ging der breite Schotterweg in das trockene Flussbett über. Kleinere und größere Steine, umhüllt von eher sandartigen Steinchen und Geröll. Es ging senkrecht rauf, ein Schritt hoch, ein halber wieder zurück. Es war anstrengend und man machte nur langsam Strecke.
Neu dieses Jahr waren die sogenannten Trail Docs. Das sind Läufer mit medizinischer Ausbildung, die den Teilnehmern während des Laufs auf der Strecke bei Problemen zur Verfügung stehen. Erkennbar am Rucksack Überzug “Trail Doc”. Ich persönlich finde diese Idee großartig. Denn oft ist es ja so, dass man nicht immer in der Nähe einer VP ein Problem hat, sondern auf der Strecke. Und nicht jeder Läufer hat die Routine, ein medizinisches Problem zügig zu lösen.
Ich schlängelte mich weiter den Hang hoch. Es ging über Bächlein, durch Latschenkiefer und kurze Zeit später sah ich die Materialseilbahn vor mir. Viel mehr sah ich aber auch nicht, denn der Nebel hing tief und war dicht. Einzig einen in neonorange gekleideten Streckenposten sah man im Hang von Weitem leuchten.
An der Materialseilbahn ging es auf dem Schotterweg wieder nach unten. Ich ließ es laufen. Konnte gut Zeit aufholen und hatte an der ersten VP in Rohrmoos einiges an Puffer zur Cut off. Puh, mir ist erstmal ein Stein vom Herzen gefallen.
Der nächste Anstieg zur Buchauer Scharte war lang und steil. 1200 Höhenmeter sollten es werden. Und eine Sackgasse noch dazu, denn wir liefen den selben Weg auch wieder herunter.
Anfangs war es ein breiter Schotterweg, was sich recht schnell zu einem schmalen Trail änderte. Serpentine um Serpentine schlängelte ich mich nach oben. Das Ende irgendwo in der Nebelwand, nicht sichtbar.
Es dauerte nicht lange, da kam mir die Spitze schon entgegen geballert. Kamikaze mäßig donnerten diese den Weg hinab ins Tal. Als der Weg breit war, ging das alles ganz gut. Allerdings blieb der Weg nicht breit. Oberhalb der Baumgrenze gab es nur noch einen schmalen Pfad, der sich durch das Geröll und die Latschenkiefern schlängelte. Immer wieder machte ich Platz für die Downhiller. Es gab viele Stürze, da alles entweder spiegelglatt war oder so matschig, dass man keinen Halt gefunden hat.
Ich stapfte weiter. Der Wind blies mir eisig entgegen, der Regen wurde auch immer mehr zu Schnee. Mittlerweile lagen 5cm Schneedecke auf dem Pfad, den man nur durch Fußspuren und den Markierungsfahnen verfolgen konnte. Meine Hände waren Eisklumpen, ich spürte nichts mehr. Tapfer ging es weiter. Ich blickte nach oben und konnte die Karawane im Hang sehen. Scheiße, das geht noch eine ganze Weile berghoch.
Die Ausweichmanöver wurden immer wackeliger und rutschiger. “Da oben ists echt brutal.” Ein Satz den ich zu hören bekam von einem Läufer, welcher bereits auf dem Rückweg war. Und genauso war es. Der Weg war rutschig ohne Ende. Der Schnee und die ganzen Läufer, die schon durch waren, machten ihn zu einer schmierigen Angelegenheit. Man sah eigentlich nicht wirklich, was unter einem war.
Bereits berghoch machte ich mir schon Gedanken, wie ich diesen Hang wieder nach unten kommen werde – und zwar ohne Sturz und ohne Verletzung.
Hurra, die letzte Kurve. Plötzlich stand ich in einem Meer von Markierungsfahnen und Schildern. Das musste er sein, der Wendepunkt. Ich konnte zumindest keine Fußspuren weiter aufwärts entdecken. Jetzt schnell wieder nach unten. Mir war so dermaßen kalt. Meine Zähne klapperten und meine Hände spürte ich überhaupt nicht mehr. Die Regenjacke war bis zum Anschlag zu gezippt.
Ich stützte mich auf meinen Stöcken um einigermaßen Balance zu halten und kam tatsächlich ohne einen einzigen Sturz durch das Geröllfeld und auch recht zügig unten an. Jetzt nur noch durch die Latschenkiefern und durch den Wald. Mittlerweile war es mir auch wieder warm.
Die letzten 12km verliefen schön durch den Wald. Es waren zwar noch ein paar Höhenmeter, die ich zu meistern hatte, aber nicht am Stück und auch nicht mehr sehr technisch.
Die nächste VP erreichte ich rechtzeitig vor dem Cut off. Kurz ein paar Gummibären und weiter. Das Ziel ist nah.
Die Trails durch den Wald waren mein Ding. Schön wurzelig, bisschen rauf, bisschen runter. Allerdings durch den Regen so dermaßen schlammig, dass an rennen schwer zu denken war. Der Schlamm ging bis über die Knöchel. Anfangs versuchte ich noch auszuweichen, mich am Rande vorbei zu schlängeln. Aber irgendwann war es mir einfach nur noch egal, der Schlamm war überall und ich war eh dreckig ohne Ende.
Ab dem Prinzensee ging es auf der Downhillstrecke direkt bis ins Ziel. Eigentlich glich es eher einer Skiabfahrt. Rutschig und steil. Man hatte schon Mühe, Herr über seine Füße zu bleiben. Und tatsächlich hatte es mich auf den letzten Metern dann doch noch gelegt, aber elegant, wie es sich für eine Skipiste gehört, im Telemark Stil. Schön eingesaut bin ich dann weiter Richtung Ziel gelaufen.
Die letzte Kurve in Maria Alm, nochmal gepushed durch die Sambatrommler, bog ich auf den Zielkanal ein.
Nach 6:40 Stunden, kurz vor Cut Off, hatte ich es geschafft. Ich war darüber überglücklich, denn unter diesen Bedingungen war es für mich nicht von vornherein klar, dass das klappen würde.
Nach einer Gratisdusche in der MTB Reinigungsstation, um wenigstens den groben Dreck zu entfernen, traf ich im Zielgelände auf Marco. Er war unter anderem für die Markierungen zuständig. Er erzählte mir, dass nicht nur der Skyrace, sondern auch alle anderen Strecken geändert werden mussten und zwar während des Laufes. Das Starzer Haus war so im Schnee versunken, dass selbst die Bergwacht mit Schneeketten irgendwann nicht mehr in der Lage war, die Läufer wieder nach unten zu bringen. Weiter nach oben durfte eh keiner mehr. Relativ früh hatte die Rennleitung dann entschieden, ab Dienten überhaupt keinen mehr den Hang hinauf zu lassen und ummarkiert und umgeleitet werden musste.
Dies erklärte auch, warum auf meinen letzten Kilometern plötzlich sämtliche Farben an Startnummern auftauchten, die eigentlich da nicht zu finden gewesen wären.
Einen riesen Respekt ans Markierteam. Ihr habt einen tollen Job gemacht. Im Vorfeld und vor allem während der Rennen, als die Entscheidung fiel “wir müssen die Strecken ändern”. Ich hatte mich immer gut orientiert gefühlt.
Alles in Allem war es trotz der schweren Bedingungen wieder eine sehr gelungene Veranstaltung. Von der Startnummernausgabe, über die Ausrüstungskontrolle, die mit Tracker überwachten Läufer, die Trail Docs, die Beschilderung von Duschen und WC, die Verpflegung im Zelt und auch an den VPs. Es ließ keine Wünsche offen. Auch das Rahmenprogramm während dieser 3 Tagen, die Sambagruppe und der traditionelle riesige Pool (auf den leider keiner so wirklich Lust hatte, da wir ja alle irgendwie nass bis auf die Haut waren während des Rennens) alles war super organisiert und arrangiert. Die Stimmung war trotz des nassen Wetters super.
Für mich wird es definitiv ein Wiedersehen geben. Zum einen, weil ich die Veranstaltung einfach toll finde und die Hochkönigregion der Hammer ist und zum anderen, weil ich die Skyracestrecke definitiv noch in der Originalversion machen möchte.
Glatte Weiterempfehlung für diese Veranstaltung von mir.