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Am letzten Novemberwochenende stand wieder der traditionelle Saisonabschluss bei der nunmehr 13. Auflage des kleinen KoboLTS  vor der Tür. Ein Trail-Lauf, der dem Fernwanderweg Rheinsteig von Koblenz bis Bonn folgt. Ich stand an der Startlinie der „kleinen“ Variante mit 99k und knapp 4000 Höhenmetern im An- und Abstieg (die volle Distanz geht über 140km). 

Nach dem Empfang der Startunterlagen im Bonner Stadtteil Oberkassel, wurden wir Läufer*innen mit dem Bus nach Rengsdorf gebracht. Bei der Fahrt waren wir noch bester Laune und haben es wohl irgendwie geschafft, den Wetterbericht zu verdrängen.

Beim Tennisgelände in Rengsdorf wurden wir schließlich um 14:00 Uhr auf die Reise geschickt.

Beim Startschuss wurde sofort deutlich: Die diesjährige KoBoLT-Edition wird bei diesen Wetterbedingungen sicher nix für schwache Nerven! Es folgte das obligatorische Countdownzählen im prasselnden Regen und ab ging die Post. Nach einem kurzen Einrollen wurde sofort in den ersten Downhill gebrettert, die Knochen waren noch eingerostet von der langen Auto- und Busfahrt und so kam der Puls wenigstens etwas auf Betriebstemperatur. Was folgte, waren 99km entlang des Rheinsteigs, seinen Hintertälern und durchs Siebengebirge – immer den Hinweistafeln des Rheinsteigs hinterher, sofern man Eines fand (was in der Regel der Fall war).  

Gerade mal drei Stunden waren wir unterwegs, da mussten bereits die Lampen gezückt werden und der Stirnlampenkegel war für den Rest der Nacht unser einziger Begleiter. Zumindest, sofern man nicht in einer Gruppe unterwegs war, was bei mir in dieser einsamen Nacht fast ausnahmslos der Fall war. Die Wetterbedingung wurden in der Folge noch schlechter, als sie ohnehin schon waren. Mittlerweile kam zeitweise sogar Starkregen, außerdem ein Hagelschauer, der mit Windböen voll auf die Zwölf knallte. Dazu knöcheltiefer Matsch, ein rutschiger Laubteppichasse , nasse Klamotten und Temperaturen Richtung Gefrierpunkt zogen dir alles aus den Knochen. 
Man fragte sich wirklich, was zum Teufel man hier eigentlich macht, wo man zu Hause auf der gemütlichen Couch liegen könnte.

Insgesamt drei Verpflegungsstellen erwarteten uns auf der gesamten Strecke. Bei diesem Wetter bildeten diese Anlaufpunkte wahre Oasen! Besonders an der Erpeler Lay bei Kilometer 52 war kräftiges Stärken mit herrlich warmer Gemüsesuppe angesagt. Schon der letzte Kilometer zu diesem VP bildet immer ein besonderes Highlight, ist er doch stets mit schönen Lichtern geschmückt, die eine ganz besondere Stimmung in die ansonsten rabenschwarze Nacht zaubern. Hinter dem warmen Kaminfeuer wurden sofort die frischen Klamotten aus dem Dropbag gezückt, während in der Hütte eine urige Stimmung herrschte. Auch der prall gefüllte Kühlschrank mit leckerem Kölsch hat sicher seinen Beitrag dazu geleistet.

Nach kurzer Zeit musste ich wieder raus in die dunkle und kalte Nacht. Das Siebengebirge wartete getreu dem Motto „Auf und Nieder immer wieder“! Einige der längsten und schweißtreibensten Aufstiege standen also noch bevor. Immer dem Lichtkegel hinterher ging es im stoischen Schritt die Anstiege hoch und mit höchster Konzentration die Downhills herab. Denn man wusste nie, was einen beim nächsten Schritt unter der dicken Matsch- und Laubschicht erwartete. 

Bei km 75 war der  dritte und letzte Verpflegungspunkt erreicht und der Regen hatte mittlerweile zum Glück nachgelassen. Dieser „Boxenstopp“ macht bei jeder KoboLT-Edition deutlich: Wenn du es bis hierher schaffst, dann hast du das Ziel in einigen Stunden vor Augen, was nochmals einen ungeheuren mentalen Push gibt. Ich war also sehr guter Dinge, es auch im fünften Anlauf wieder heil ins Ziel zu schaffen.

Gerade hatte ich die Verpflegungsstation 500 Meter hinter mir gelassen, traf es mich wie ein Schock: Meine Stirnlampe hatte den Geist aufgegeben und ich bemerkte, dass das zweite Akku noch im Dropbag bei der zweiten VP am Kaminfeuer lag. Nichts wäre mir in dem Moment lieber gewesen, als den warmen Platz mit dem Ersatzakku zu tauschen. Die letzten 20 Kilometer musste ich also größtenteils in der Dunkelheit „laufen“/ teils herumirren und hatte nur noch ein bisschen Notstrom in petto für die Downhills. Wie sehr habe ich mir hier gewünscht, dass mich jemand einholt und ich einen Mitläufer habe, an dem ich mich orientieren kann. Aber es half nichts. Die ersten Läufer*innen waren vorne weg und nach hinten war das Läuferfeld zu weit auseinandergerissen. Innerlich hätte ich platzen können, habe es aber schließlich geschafft, die Nerven zu behalten und die Gedanken in eine positive Richtung zu lenken. Zum Glück hatte sich der Regen und Nebel mittlerweile komplett verzogen. Der Himmel klarte etwas auf und im Vollmond konnte ich mich letztendlich mit geschärften Sinnen auch ganz gut orientieren. Auf den breiten Waldwegen funktionierte das erstaunlich gut. Die Downhills und Trailpassagen glichen allerdings einem Himmelfahrtskommando!

Irgendwann um 3:30 Uhr in der Nacht, nach ein paar Straßenquerungen in unserer ehemaligen Landeshauptstadt, wurde das lang ersehnte Rheinufer erreicht und der „Schlussspurt“ an der Rheinpromenade durfte folgen. Selten war ich so erleichtert, als ich die Ziellinie vor Augen hatte.
Mein nunmehr fünftes Finish bei dieser Veranstaltung war eigetütet! Am Ende schaffte ich es sogar, den dritten Platz bei den Männern heim zu schaukeln! Dazu war noch eine bärenstarke Läuferin vorne weg.

Überglücklich wurden die Schuhe ausgezogen (wie beim Briefing erbeten), um sich über den roten Teppich als Finisher anzumelden. 

Bis in die frühen Morgenstunden wurden noch die Wunden geleckt. Man wundert sich immer wieder, wie begeisterungsfähig völlig banale Dinge nach einem solchen Ultralauf erscheinen. Eine warme Dusche nach der kalten Nacht, eine Zahnbürste nach dem ganzen Süßbabb, ein alkoholfreies Bier – und schon ist man selig mit sich und der Welt…

Glückwunsch an die Spitzenläufer*innen um den Sieger Timothey Engel, die ein wahnsinniges Tempo vorgelegt haben sowie auch an alle anderen Finish!
Herzlichen Dank auch an das KoBoLT-Team, die wieder eine sehr tolle Veranstaltung auf die Beine gestellt haben. Man kann den aufopferungsvollen Einsatz solcher Sportfreunde – gerade in der heutigen Gesellschaft – nicht groß genug loben!

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