Am 22. April schallte ein „Três, Dois, Um … VAI!!!“ zum Start des 14. Madeira Ultra Trails, kurz MIUT, durch die Lautsprecher der fünf angebotenen Distanzen. Die Langstrecke umfasst 115 Kilometer mit 7090 Höhenmeter und durchquert die Blumeninsel fast komplett. Zirka 650 Starterinnen und Starter stellten sich diesem Abenteuer, dessen Höhepunkt wahrlich der Pico Ruivo, zu Deutsch rote Spitze, mit seinen 1862 Höhenmetern ist. Den höchsten Gipfel der Insel überquerten auch die 400 Läuferinnen und Läufer der 85 Kilometer-Strecke, die von Sao Vicente im Norden nach Machico an der Ostküste 4780 Höhenmeter überwinden mussten. Die Rote Spitze ist auch der höchste Punkt auf der letzten Ultra-Strecke des Madeira Ultra Trails. Die 60 Kilometer Strecke umfassen 3100 Höhenmeter, der sich zirka 354 Startende stellten. Direkt über der Hauptstadt Funchal begann für 595 Läuferinnen und Läufer der Trail-Marathon mit insgesamt 1700 Höhenmeter. Die 342 „Kurzstreckenläufer“ überwanden 390 Höhenmeter auf 16 Kilometern vom Hafenstädtchen Porto da Cruz aus. Das Ziel für alle Distanzen ist die Promenade von Machico, der Dreh- und Angelpunkt des Events.
Die letzten Vorbereitungen
Die Startnummernausgabe fand von Mittwoch bis Freitag vor dem Rennen ab 10 Uhr im Forum Machico, direkt am Zielbereich, statt. Geparkt werden konnte im hauseigenen Parkhaus und direkt im 1. Stock bekam man alles Notwendige für das anstehende Abenteuer. Der Starterbeutel umfasste dieses Jahr, neben der obligatorischen Werbung, eine Kostprobe eines lokalen Zuckerrohr-Honigs (sehr lecker), ein MIUT-Funktionsshirt der spanischen Marke „Sport HG“ und ein Buff, welches nicht rechtzeitig geliefert werden konnte aber vom Veranstalter nachgeschickt wird. Unmittelbar neben dem Gebäude gab es eine kleine Expo bekannter Sportartikelhersteller sowie ein Stand des Veranstalters mit MIUT-Kleidung und MIUT-Accessoires. Richtig equiped wurde direkt neben der Expo fürs leibliche Wohl gesorgt . Ein Bier- und Kaffeewagen sorgten für den Flüssigkeitshaushalt und fußläufig fand jeder ein passendes Restaurant in den kleinen Gassen des Küstendorfes. Wer sein Carboloading wirklich ernst nahm, ging noch auf ein sehr gutes Eis bei Gelati Machico vorbei und war danach bereit für alles, was da kommt.
Für alle Distanzen gibt es ab Machico ein Shuttle, welches sich wirklich lohnt, da die Parkplätze an den Starts begrenzt sind.
„Três, Dois, Um ... VAI!!!“, der Laufbericht
Drei, Zwei, Eins … LOS!!! 11 Uhr fällt der Startschuss für den Trail-Marathon am botanischen Garten oberhalb der Inselhauptstadt. Zu dieser Zeit sind die Ultras schon mehrere Stunden auf den Beinen. Wir stehen mittig am rechten Rand des Starttrichters und kommen daher eher langsam durch den Startbogen direkt in den ersten Uphill. Der MIUT mit seinen Zuschauern heißt uns sofort mit 1200 Höhenmeter am Stück herzlich willkommen. Wir starten euphorisch, verlassen dann aber die Stadt auf immer enger werdenden Wegen im stockenden Verkehr. Die typischen gerundeten Pflasterwege, die von den Einheimischen „Ochsenfuß-Pflaster“ genannt werden, führen uns immer höher in das Bergmassiv um den Pico Ruivo.
Madeira ist bekannt für seine schroffe Berglandschaft, durch die, die Levadas, kleine von den Bauern angelegte Wasserkanäle, wie Adern fließen. Zur Bewirtschaftung der Kanäle sind kleine Pfade angelegt , die dem MIUT seinen typischen Charakter geben und auf denen wir häufig laufen. Wasserversorgung ist also kein Problem 😉 Singletrails wechseln sich auf den nächsten Kilometern mit gut angelegten Wanderwegen sowie kleineren technischen Passagen ab und der aufziehende Nebel hüllt den Wald in einen mystischen Mantel.
Nach zirka 10 Kilometern erreichen wir Chao da Lagoa, die Erste von insgesamt drei VPs auf dem Trail-Marathon. In einem Zelt gab es Brot, Käse, Gemüse, Früchte, Kuchen, Müsliriegel und Süßigkeiten sowie Iso und Wasser zum Trinken. Die Stärkung können wir gut gebrauchen, die nächsten 17 Kilometer werden wir 1480 Höhenmeter bis auf Meereshöhe laufen müssen.
Der Downhill startet moderat auf breiten Wegen über grüne Wiesen mit Grill- und Rastplätzen, auf denen uns einige Wanderer etwas verwundert anschauen. Einheimische feiern hier oben auch Familienfeste, die so reichhaltig ausgestattet sind, dass man sie für eine eigene VP halten kann, was uns natürlich auch fast passiert wäre. Wir überqueren Flussläufe, Wanderwege wechseln sich mit Singletrails ab, Singletrails wechseln sich mit Levadas ab, wir passieren Wasserfälle und kommen der Küstenstadt Porto da Cruz immer näher. Bald haben wir wieder die bekannten Pflasterwege unter unseren Füßen und sehen die ersten Häuser, gebaut in die steilen Bergrücken, um Zuckerrohr, Bananen und Wein anzubauen. Wir nähern uns unserer VP2 im Bergdorf Portela, laufen nun vermehrt auf Straßen und hören schon bald die gute Stimmung. Die VP ist in einem etwas größeren Raum in einem Gebäude mit geschlossenen Fenstern, es lag also Laufveranstaltung in der Luft. Das Angebot war identisch zu VP1, nur konnte man sich noch einen Schluck Pepsi genehmigen. Es hat an nichts gefehlt, die Helfer machen auch hier einen sehr guten Job.
Noch zirka 6 Kilometer und 600 Höhenmeter Downhill bis auf Meereshöhe, die einem wie im Dschungel vorkommen. Alles um einen herum ist grün, man läuft hauptsächlich an den Levadas entlang, die von kleinen Wasserfällen gespeist werden, über Felder, die terrassenförmig im Berg liegen und durch kleine Dörfer. Höhe verlieren wir meist auf Pflasterwegen oder betonierten Straßen. Schon bald sehen wir den markanten Adlerfelsen, eines der Wahrzeichen von Madeira, der oberhalb unserer nächsten VP3 in Porto da Cruz direkt an der Küste thront. Die Verpflegung ist in einer Schule untergebracht, an der Wand hängen gemalte Bilder der Kinder, die Helferinnen haben ein Lächeln im Gesicht, bestärken uns mit einem „almost there“ und es gibt alles, was wir bereits kennen.
Von Porto da Cruz nach Machico verliert der MIUT seinen bergigen Charakter. Das erste Stück laufen wir direkt am Meer, dessen Brandung uns abkühlt, bevor es in der prallen Sonne hoch auf den historischen Küstensteig geht, der Jahrhunderte lang die kürzeste Verbindung zwischen den zwei Städten war. Wo früher Wein in Schläuchen aus Ziegenhaut transportiert wurde, laufen wir nun durch grüne Wälder, an steilen Klippen entlang und blicken in 300 Meter tiefe Schluchten. Bis auf wenige enge Stellen, die alle gut gesichert sind, ist hier alles laufbar. Wir kommen auf dem 15 Kilometer langen Abschnitt bis ins Ziel gut voran, die Bäume spenden uns Schatten und erlauben immer wieder fantastische Weitblicke auf die Küste und den Atlantik.
Kurz vor Machico können wir den Zielsprecher schon hören. Uns erwarten noch 200 negative Höhenmeter entlang an Weinreben, über grüne Wiesen, auf denen Ziegen grasen, hinein in die Stadt und hinunter zur Promenade. Der Zieleinlauf ist bestimmt 300 Meter lang, an den Banden stehen Madeirer, Supporter, Finischer und feuern jeden Läufer bis zum Ende an. Wir hören unsere Namen, laufen durch den Zielbogen, bekommen unsere Finisher Medaillen und sind dankbar, dass wir den 14. Madeira Ultra Trail erleben durften.
Fazit
Der MIUT gehört nicht ohne Grund zu den beliebtesten Trail-Wettkämpfen in Europa. Die Trails, mit denen die Bauern die Berge erschlossen, bieten uns heute unbeschreibliche Ausblicke, steile Anstiege, mystische Wälder und wunderschöne Downhills in ein Farbenmeer an Pflanzen bis hin zum hellblauen Atlantik. Das Organisationsteam weiß genau, was es tut, lässt keinen Läuferwunsch offen und selbst jeder Madeirer kennt und liebt diesen Lauf. Man liest und hört oft, dass die Trails sehr technisch sein sollen. Das stimmt zum Teil, jedoch wechseln sich häufig anspruchsvolle Stücke mit sehr flowigen Stücken ab und mit etwas Training in den Alpen ist alles machbar. Die VPs sind gut bestückt, für vegane Läufer kommt allerdings nur Obst in Frage. Einziger Wermutstropfen ist die Zielverpflegung, die im Vergleich zu dem Angebot auf der Strecke sehr spartanisch ausfällt und nach dem Duschen noch zum Restaurant- oder Eisdielen-Besuch einlädt. Das Wanderparadies der Blumeninsel wird für ein Wochenende zum Trailrunning-Paradies und gehört auf jeden Fall auf eure „Bucket List“.
Gut zu wissen
Die Startplatznachfrage ist sehr groß, also am besten einen dicken Eintrag im Kalender machen, sobald die Anmeldungstermine auf der Website veröffentlicht werden, direkt anmelden. Jeder Teilnehmer war während des Laufes durch den Veranstalter unfallversichert. Die Ultras konnten nur mit ärztlichem Gesundheitszertifikat starten und zusätzlich mussten alle Läufer einen Online-Fragebogen zur individuellen Gesundheit beantworten. Freilaufende Hunde sind auf Madeira kein Problem, im Gegenteil, alle Vierbeiner bellten uns anfeuernd aus ihren eingezäunten Grundstücken zu.