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Der Patagonia Run ist Lateinamerikas wichtigster Trail-Wettkampf.

Über 6000 Läuferinnen und Läufer versammelten sich Mitte April im argentinischen San Martín de los Andes, um an insgesamt sieben Distanzen an den Start zu gehen. Unsere Redakteurin Isabella war vor Ort. 

Während in Deutschland die ersten Knospen blühen, färben sich am anderen Ende der Welt die Bäume gerade rot, orange und gelb. Es ist Herbst in Argentinien, genauer gesagt in San Martín de los Andes in der Provinz Neuquén, an der Grenze zu Chile. Die Kleinstadt, idyllisch am Lago Lácar gelegen, verwandelte sich vom 12. bis 15. April erneut zum Hotspot des Trailrunnings in Lateinamerika. Der Patagonia Run ist Teil der Spartan World Championships, einer Rennserie, die auf der ganzen Welt, in Australien, Japan, Borneo oder Gran Canaria ausgetragen wird. 

Über 6000 Läuferinnen und Läufer gingen bei der 13. Edition an vier Tagen auf sieben verschiedenen Distanzen, PR Vertikal, 10km, 21km, 42km, 70km, 110km und 100 Meilen (160km), an den Start. Auch die beiden Russen Dmitry Mityaev und seine Ehefrau Ekaterina Mityaeva sind für die 100 Meilen nach Patagonien gekommen. Beide mussten ihr Rennen jedoch aufgrund von gesundheitlichen Problemen abbrechen. 

Vorfreude war in den Straßen San Martíns an allen Ecken und Enden zu sehen und zu spüren: Kleine Grüppchen bei ihrem letzten gemeinsamen Lauf vor dem Start, Männer und Frauen mit ihren Starterkits, Plakate und Aufkleber an den Geschäften. 

Mein Highlight während meiner dreimonatigen Auszeit in Patagonien sollten die 42 Kilometer werden. Eines vorneweg: Der Patagonia Run ist im Vergleich zu den Startgebühren, die wir aus Europa kennen, eine teure Angelegenheit. 360 US Dollar müssen Ausländerinnen und Ausländer blechen, für argentinische Staatsbürger ist der Preis aufgrund der hohen Inflation ein anderer. 

Bei der Anmeldung vor einigen Monaten war ich relativ zuversichtlich und gab als Zielzeit sechs bis sieben Stunden an. Drei Wochen vor dem Lauf klickte ich auf acht bis neun Stunden – das Training kam während des Dauerurlaubs gefühlt zu kurz. Gewandert bin ich zwar viel, saß jedoch mindestens genauso oft mit Reisebekanntschaften in der Bar. Von ausgewogener und gesunder Ernährung wollen wir gar nicht erst anfangen, teilweise war ich froh, wenn ich in den kleinen Dörfern in Patagonien eine Zwiebel oder Tomate auftreiben konnte. 

Wenn ich allerdings mal eine Runde laufen war, wie im Trailrunning-Paradies El Chaltén, mit Blick auf den Fitz Roy und Cerro Torre, dann wusste ich, dass ich zumindest durchkommen würde. Der Körper verlernt ja glücklicherweise nicht so schnell. 

Die Akkreditierung in einem Hotel im Zentrum von San Martín verlief professionell und reibungslos, im Starter-Kit gab es neben der Bib-Nummer ein T-Shirt, Stirnband, Buff und kleine Snacks. Ausbaufähig für den hohen Preis. 

Die 42 Kilometer starteten am Cerro Chapelco, dem Hausberg San Martíns und im Winter ein Skifahrer-Paradies. Mit dem Shuttle ging es vom Zentrum hoch zum Start. Obwohl unzählige Busse bereit standen kamen viele Starterinnen und Starter mit ihrem eigenen PKW und sorgten für Chaos auf der schmalen Straße – was zur Folge hatte, dass es viele Läuferinnen und Läufer nicht rechtzeitig zum Start schafften und dieser um eine halbe Stunde nach hinten verschoben wurde. 

Auch im Skizentrum Chapelco war alles hervorragend organisiert. Es gab kostenlose Heißgetränke und, erfreulicherweise, unzählige Toiletten, an denen niemand länger als zwei Minuten anstehen musste. Auch die Unterstützung konnte sich früh am Morgen schon sehen lassen. Mehrere hundert Leute säumten links und rechts den Startbereich und sorgten für ordentlich Stimmung. Auch auf der Strecke gab es an mehreren Punkten tatkräftige Anfeuerung. 

Der Start um 8:30 Uhr verlief in mehreren Wellen und bereits mit dem Startschuss merkte ich, dass ich bei der Zielzeit durchaus hätte selbstbewusster sein sollen. Die ersten Kilometer war ich permanent auf der Überholspur, um in mein gewohntes Lauftempo zu kommen. 

Glücklicherweise ist das oft unvorhersehbare patagonische Wetter gnädig geblieben und die Trails waren trocken. Eine Matschschlacht, wie es Ida-Sophie Hegemann einen Monat vorher bei ihrem Sieg über die 70 Kilometer beim Paso Austral Ultra Trail im 200km entfernten Bariloche erlebt hatte, gab es hier also nicht. 

Die ersten elf Kilometer bis zur ersten VP ging es kontinuierlich insgesamt 900 Höhenmeter hoch zum Filo Chapelco auf 1950 Metern. Die letzten 400 Meter mit einer knackigen Steigung von über 45 Grad. Oben angekommen, wurden wir leider von einer Nebelwand anstelle einer atemberaubenden Aussicht empfangen. 

Meine Verpflegung (ich schwöre auf die Energy-Gels von Aerobee und den Energy Chews von Clif) habe ich mir aus Deutschland mitgebracht und zwei Monate in meinem Backpack durch ganz Patagonien getragen – zum Glück, denn die Verpflegung an den VP’s dürfte für deutsche Mägen eher ungewöhnlich sein. Es gab Pizza, Kuchen, und frisch frittierte Empanadas – nicht unbedingt das, was man während eines Wettkampfes unbedingt zu sich nehmen möchte. Dazu Unmengen an undefinierten südamerikanischen Süßigkeiten. Ich begnügte mich mit jeweils einer Banane und füllte meine Flaschen rasch mit Iso-Getränken auf. 

Das zweite Viertel war geprägt von einem langen Downhill, mehreren flachen Passagen und kurzen Anstiegen – die Beschreibung ,geschmeidige Trails‘ trifft es hier wohl am besten. Das dritte Teilstück war dann schon technischer, ein steiler Downhill, an dem man sich an Seilen vorsichtig entlang hangelte, bis man einen schmalen Grad mit groben Wurzeln überquerte. 

Neben der perfekten Strecke war allerdings etwas anderes für mich das Highlight des Rennens. Trailrunning ist, wie viele andere auch, eine von Männern dominierte Sportart. Bei den meisten Rennen, die ich bislang gelaufen bin, waren wir Frauen in der absoluten Minderheit. Doch dieses Mal war es anders. Knapp 50% der 1511 Teilnehmer waren Frauen. Noch nie habe ich mich so bestärkt gefühlt, mit über 700 (diese Zahl muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!) Frauen gemeinsam auf der Strecke zu sein. Ein wunderschönes Gefühl. 

Kilometer 30-36 verliefen wie im Flug durch das herbstliche Bergparadies, bis der letzte, 3 Kilometer lange Anstieg ,Gimnasio‘ nochmal die letzten Körner forderte. Nach jedem Uphill folgt bekanntlich ein Downhill und dieser ging die Skipiste schnell hinunter in Richtung Ziel. Die unzähligen Menschen, die schon von weitem zu hören waren, gaben nochmal einen gehörigen Energieschub. 

Nach 41,2 Kilometern, 2250 Höhenmetern und einer überraschend ordentlichen Zeit von 6:39 Stunden lief ich über die Ziellinie – ein sehr emotionaler Moment . Es reichte für Platz 71 unter 706 Frauen. Ein Ergebnis, auf das ich zurecht stolz sein kann. Frauen, die mit ihren Kindern über die Ziellinie liefen oder Männer, die hemmungslos weinten, zeigten erneut die Schönheit und emotionale Seite dieser Sportart. 

Die 14. Edition des Patagonia Runs findet nächstes Jahr vom 3. bis 6. April 2024 statt. Wer plant, in diesem Zeitraum in Südamerika unterwegs zu sein, sollte sich dieses Event auf keinen Fall entgehen lassen. Mehr Informationen auf der Homepage: https://www.patagoniarun.com/es/

Einen Eindruck der 42 Kilometer gibt es auf dem Instagram Account des Patagonia Run: Instagram Patagonia Run

Quellenangaben und Querverweise:
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