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Über Erfolge zu reden ist schön, keine Frage. Aber aus was lernen wir am meisten? Aus schwierigen Zeiten. Jeder Trailrunner wird solche individuellen, persönlichen Situationen auf den Trails bereits erlebt haben. In unserer neuen Serie ,Trail-Fails‘ berichten wir von Momenten, in denen gar nichts ging. Und was wir daraus gelernt haben.

Teil 1: Viel Hitze, viel Anstieg. Kein Wasser, keine Kraft. Der IATF 2023. 

Zum zweiten Mal in Folge in Innsbruck beim IATF, was freute ich mich. Nach einer Regenschlacht über 35 Kilometer war das Wetter für den Renntag im Juni 2023 bestens. Sonnig, frühlingshafte Temperaturen, was will man mehr. Noch dazu waren einige Schulfreunde von mir dabei, zum ersten Mal ging es für sie zu einem Trailrun. 

Die ersten 14 Kilometer von Mutters nach Kranebitten im flowigen Downhill waren genau so, wie ich sie mir vorgestellt hatte: problemlos. Doch ich sollte schon bald meine Probleme bekommen.

Nach der ersten VP in Kranebitten ging es den erbarmungslosen Uphill hoch auf die Nordkette. Mittlerweile war es Mittag, die Sonne brannte auf den Berg. Und ich verbrannte quasi mit. Obwohl der Anstieg im Wald lag, kam es mir vor wie in einer Sauna. Kaum ein Lüftchen, die Luft stand. 

Viel zu schnell waren meine Flasks leer. Meine Verpflegung, um irgendwie diesen Berg hoch zu kommen, bekam ich allerdings ohne Flüssigkeit kaum runter. In meinem Kopf ständig der Gedanke: die nächste VP kommt erst in 14 Kilometern, bei KM28, Seilbahn Nordkette. Mir war klar, dass ich das niemals unter diesen Bedingungen schaffen werde. Läuferin um Läufer zog an mir vorbei, auch nicht mehr ganz frisch, aber mit mehr Energie als ich. Mir wurde teilweise regelrecht schwindlig und ich hing zwischen meinen Stöcken wie ein nasser Sack am Wegesrand. Hatte ich zu wenig Wasser eingepackt? Oder war es einfach zu heiß und die VP‘s zu weit auseinander? Funktionierte die Ernährung nicht? Hatte ich mich nicht gut vorbereitet? Ich konnte kaum einen klaren Gedanken mehr fassen.

Fünf Schritte, Pause. Drei Schritte, Pause.

Ich freundete mich mit meinem ersten DNF an. Abbrechen und Absteigen erschien mir sinnlos, da ich mich bereits 2/3 des Anstieges hinauf gequält hatte. Also musste ich irgendwie da hoch und würde abbrechen. Was meine Freunde im Ziel wohl sagen würden? Ich bereite schon Erklärungsversuche vor, warum es dieses Mal nicht geklappt hatte. Wollte mich rechtfertigen, sollten sie meine Leistung in Frage stellen. (Was sie als meine Freunde logischerweise niemals tun würden, aber daran denkt man in diesem Moment nicht mehr) Ich dachte an meinen ersten Ultratrail ein paar Wochen später in Andorra, dass ich den so niemals bestreiten könne, wenn ich derart Probleme mit der Hitze habe.   

Und dann hörte ich plötzlich hinter mir ein: Isa? Was machst denn du hier? Ein Freund eines Freundes, den ich vor dem Rennen kurz kennengelernt habe. Raoul sah sofort, wie schlecht es mir ging, drückte mir ein Stück Banane in die Hand und gab mir ein paar Schlücke seiner ebenfalls sehr leeren Flask. ,Komm, ich zieh dich mit!‘ sagte er und zog mich wirklich mit. Mit Aufmunterungsversuchen, Motivationssprüchen – er machte seinen Job gut. Wir ließen den Anstieg nach einer kleinen Ewigkeit hinter und. 

Wie vom Himmel geschickt liefen wir unterwegs an einem Brunnen vorbei, die VP war immer noch einige Kilometer entfernt. Da sah ich, dass ich nicht die einzige war, die litt. Alle stürzten sich das Wasser in den Körper. Ohne diesen Brunnen hätte es unzählige DNF‘s auf der Strecke gegeben, da bin ich mir sicher. 

Endlich an der VP angekommen zog auf einmal ein kurzer aber heftiger Schauer auf, Raoul und ich lachten, als wir unsere Regenjacken anzogen und schnell weiterzogen. Im Downhill hatte ich wieder alle Kräfte beisammen und lief mein gewohntes Tempo ins Ziel. Als wäre nie etwas gewesen. 

Im Ziel angekommen brauchte ich erstmal eine Weile um mich zu sammeln. Ich weinte und wusste gar nicht, ob ich vor Erleichterung, Erschöpfung oder Enttäuschung über den Rennverlauf weinen musste. Vermutlich alles drei auf einmal. 

Abends saßen meine Freunde und ich zusammen in einer Pizzeria, jeder erzählte von seinem Rennen und seinen Aufs und Abs. 

Erste Hilfe: Mentaltraining 

Einige Wochen später saß ich in einem Mentaltraining-Workshop für Trailrunner. Wichtig sei, sich das Rennen im Vorfeld zu visualisieren. Hilfreich dabei kann sein, den Streckenverlauf auszudrucken, in Bereiche einzuteilen und Essenszeiten zu notieren. Das Equipment einen Tag eher zu packen, um am Renntag entspannt starten zu können. Wir redeten auch über meinen Fail, und wie unterschiedlich Läuferinnen und Läufer damit umgingen. Kurz danach standen meine ersten 50km in Andorra an. Ich nahm mir die Ratschläge zu Herzen. Packte alles am Tag davor, druckte den Streckenverlauf aus und sah ihn mir unzählige Male an. Vor dem Start war ich schrecklich nervös. Trotz erneuter Hitze und noch härteren Anstiegen lief das Rennen problemlos. Weil ich Innsbruck bis dahin abgehakt hatte und nicht mehr daran dachte, wie schlecht es mir beim IATF ging. 

Was ich aus dem Trail-Fail gelernt habe? Eigentlich „Kleinigkeiten“, wie alles am Tag vorher zu packen, um am Renntag entspannt starten zu können, beruhigt mich. Das größte Learning: Niederlagen definiert jeder anders. Im Nachhinein wäre es für mich noch lange keine Niederlage gewesen, hätte ich das Rennen in Innsbruck abgebrochen. Mit schlechten Rennen muss man umgehen können, das musste ich lernen. Dass es mal nicht läuft ist völlig in Ordnung. Am Ende war ich stolz darauf, dass ich durchgezogen habe, für meinen Kopf war dieser IATF sehr wichtig. Jetzt weiß ich, dass ich schwierige Situationen in einem Rennen aushalten, durchstehen und ins Ziel kommen kann, wenn es nicht meiner Gesundheit schadet. Und solche Situationen wird es in Zukunft mit Sicherheit noch so einige geben. 

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