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Trail-Vizeweltmeisterin Katharina Hartmuth über den Spagat zwischen ihrer Doktorarbeit, der Silbermedaille beim Trail Ultra in Innsbruck-Stubai und ihrem ersten Langdistanz-Triathlon bei der Challenge Roth.

Wie hast du die erste Nacht nach dem Lauf geschlafen? 

Ich habe gut, aber viel zu wenig geschlafen (lacht). Es wurde sehr spät, ich war erst um 21 Uhr aus der Dopingkontrolle raus, musste etwas essen und ins Hotel fahren. Ich habe dann noch auf mein Handy geschaut – das war allerdings keine gute Idee. Das hat mich davon abgehalten, zur Ruhe zu kommen.  

Wenn du das vergangene Wochenende mit einem Wort beschreiben müsstest, welches würdet ihr wählen? 

Das ist super schwierig. Mir fallen verschiedene ein. Es war der Wahnsinn, für uns alle als deutsches Team. Es war auch sehr überraschend. Ich hätte nicht mit dem Ergebnis gerechnet, die anderen glaube ich auch nicht.

Du bist für viele Überraschungs-Vizeweltmeisterin geworden. War es wirklich so eine Überraschung? 

Es war mega schwer einzuschätzen. Ich wusste, dass ich eine solide Performance abliefern kann, wenn ich einen guten Tag habe. Ich wusste auch, dass mir die Strecke wahrscheinlich liegen wird, weil sie schwer war und viele Höhenmeter hatte. Dadurch wurde das Rennen langsamer – So etwas kommt mir normalerweise immer entgegen.

Ich wusste aber auch, welche Namen auf der Startliste standen. Top 20 waren mein Ziel, Top 10 wenn ich einen guten Tag erwische. An das Podium habe ich aber wirklich nicht gedacht, da habe ich andere gesehen. 

Wie war es dann für dich, zeitweise als Führende zu laufen? 

Ich fand es fast ein bisschen doof und habe mich geärgert, als ich die führende Frau überholen musste, um weiter mein Tempo zu gehen. (lacht) Ich habe zum Glück mein Rennen nicht aus der Hand gegeben und konnte mein Tempo weiterlaufen, das ich sonst auch gelaufen wäre. Es ist schon was anderes, wenn man die ganze Zeit von einer Person mit Kamera begleitet wird und die Zuschauer natürlich checken, dass ich die führende Frau bin. Ich wurde super angefeuert und bejubelt, aber dachte mir gleichzeitig: “Macht mal halblang, das Rennen ist noch lang, es kann noch so viel passieren”.

Es war ein total enges Rennen bis zum Schluss, wir Frauen waren alle dicht beieinander. Ich dachte nie, dass ich eine Medaille holen werde. Erst auf den letzten fünf Kilometern habe ich den Gedanken zugelassen. Vorher war mein Ziel einfach, die Top 10 zu erreichen. Auch die Team-Medaille war im Kopf. 

Im Livestream sah es so aus, als hättest du den Spaß deines Lebens gehabt. War es so?

Ja, es war schon ziemlich cool. Ich habe bis jetzt zum Glück selten ein Rennen gehabt, bei dem es richtig schlecht lief. Vielleicht ist es auch ein bisschen mein Geheimnis, dass ich so Spaß habe, den ganzen Tag auf dem Berg zu sein, dass es mich auch ein Stück weit vom Rennen wegbringt. Ein Kommentator meinte “She’s a chatty runner”, weil ich recht viel geredet habe, was manche wohl irritiert hat. (lacht) Das ist das Schöne an dem Sport. Klar geht es am Schluss um etwas, aber für mich ist es einfach das Schönste, so lange unterwegs zu sein. Da grinse ich automatisch. 

Wie hast du die WM als Ganzes wahrgenommen? 

Es war ungewohnt, so viel Aufmerksamkeit zu bekommen. Normalerweise kommt man hin und es geht los. Die Stimmung war einer WM würdig und man hat gemerkt, dass die Leute, die in Innsbruck und Umgebung wohnen, den Sport betreiben, sich auskennen und schätzen, was wir machen. 

Team Deutschland kannte sich im Vorfeld teilweise nicht persönlich – das war im Nachgang ein Kritikpunkt. 

Ich kannte die meisten Läuferinnen und Läufer aus dem Team nur vom Namen, wir hatten erst vor Ort die Möglichkeit, uns persönlich kennenzulernen. Es wäre vielleicht schöner gewesen, wenn wir uns im Vorfeld schon einmal gesehen hätten. Vor Ort hat es aber wirklich super funktioniert. Wir haben uns schnell als Team gefunden, was nicht selbstverständlich ist. Zumindest mir hat kein Teamgefühl gefehlt. 

Glaubst du, dass sich die Strukturen in Deutschland bezüglich Trailrunning professionalisieren werden?

Der Berglauf ist mit Sicherheit schon besser strukturiert als Trailrunning. Da ist alles noch relativ neu, bislang macht jeder, was er will. Die Topläufer haben Sponsoren, aber dass es auch eine Nationalmannschaft gibt, wissen nur wenige – da steckt der Sport wirklich noch in den Kinderschuhen. Für mich persönlich war es toll, bei einer WM für das deutsche Team zu starten. 

In Richtung Professionalisierung wäre es schön, künftig im Vorfeld Teammeetings zu organisieren oder gemeinsam auf die Strecke zu gehen. Ich habe trotzdem die Angst, dass es zu schnell zu professionell wird. Es wird schon darüber diskutiert, ob Trailrunning olympisch werden soll. Ganz ehrlich? Ich hoffe, wir werden nicht olympisch. Ganz viel, wofür unser Sport steht, würde verloren gehen, wenn es zu professionell und zu kommerziell wird. 

Für mich ist bereits jetzt der Punkt erreicht, an dem ich sage: So wie es ist, ist es okay, aber bitte nicht mehr. Trailrunning lebt von der Begeisterung, einfach über den Berg zu laufen. Es hat noch eine gewisse Leichtigkeit. Klar geben wir uns ordentlich die Kante und schenken uns nichts, aber am Ende des Tages laufen wir alle über den Berg. Jeder begrüßt sich, jeder freut sich, wenn der andere ins Ziel gekommen ist. Ich hoffe, das geht nicht verloren. 

In einer Woche verteidigst du deine Doktorarbeit – Wie konntest du Training und Promotion kombinieren? 

Ja, richtig. Ich studiere in Zürich und habe für die Arbeit grob umschrieben den Klimawandel in der Arktis untersucht. Zwei Wochen vor der WM musste ich meine Doktorarbeit abgeben und mich parallel auf die WM vorbereiten. Die letzten sechs Monate ging es eigentlich nur um die Arbeit und den Sport, das war am Schluss schon hart. Aber es war absehbar, dass es irgendwann ein Ende hat. Es braucht einfach viel Organisation und Disziplin. 

Ende Juni gehst du dem Trail fremd und startest bei der Challenge Roth – Du gibst es dir aber auch so richtig, oder?

Die WM war nicht in meiner Planung, Roth allerdings schon. (lacht) Ich konnte zur Weltmeisterschaft natürlich schlecht Nein sagen, habe aber auch nicht damit gerechnet, dass die WM mir noch solche Nachwehen bereitet. Es sind jetzt einfach ein paar volle Monate, aber dann wird es wieder ruhiger. 

Hast du ein Ziel in Roth? Oder willst du einfach durchkommen?

Ich habe schon ein Ziel, aber das verrate ich jetzt lieber nicht. Mal schauen, ob ich es erreiche. Ich bin nach der WM schon noch motiviert, aber wenn ich dieses selbstgesteckte Ziel nun nicht erreiche, ist es auch nicht so schlimm. Ich bin ja dieses Mal bei den Amateuren und nicht bei den Profis unterwegs. Das macht es entspannter. 

Wie schaut dein Trail-Kalender in diesem Jahr noch aus?

Im Juli ist der Eiger Ultra-Trail. Wenn die Regeneration nach Roth gut verläuft, würde ich gerne dort starten. Mein zweites Highlight wäre der UTMB Ende August. Da ist es noch nicht sicher, welche Distanz ich laufen werde. Lang auf jeden Fall.  

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