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Im September 2021 sorgte ein bis dato unbekannter Alexander Westenberger mit einem neuen Streckenrekord beim Hochkönigman für eine Sensation. Kurz zuvor gewann der damals 26-jährige den 90km langen Endurance-Trail des KAT100. Ebenfalls mit Streckenrekord. So richtig wusste man jedoch nicht, den Newcomer einzuordnen. Und dann kam 2022.

Das Jahr 2022 sollte die Saison des Alexander Westenberger werden: Vier relevante Ultra Trails, vier Siege und damit seit zwei Jahren ungeschlagen: Der Team Schamel Athlet hat den Sprung in die Spitze der deutschen Trailrunning-Szene geschafft. Fertig ist er noch lange nicht.

Team Schamel Athlet Alexander Westenberger beim Großglocker Ultra Trail

Schon als Kind am Berg

Zwar mag es Menschen geben, die von heute auf morgen einen Sport für sich entdecken und dann eine regelrechte Leistungsexplosion zünden – bei den meisten Top-Athlet:innen ist der Weg zum Erfolg jedoch ein viel längerer und meist auf erste Gehversuche der Kindheit zurückzuführen. So auch bei Westenberger.

„Meine Eltern haben mich von Kindesbeinen an mit in die Berge genommen. So stand ich im zarten Alter von 3 Jahren schon auf Skiern und habe viele Bergwandertouren mit meinen Eltern unternommen.“

Den Grundstein des Laufens habe der gebürtige Oberbayer in der Jugend, mit klassischer Leichtathletik, spezialisiert auf 5.000 und 10.000 Meter Lauf gelegt.

Weil ihm das Laufen auf der Bahn schnell zu einseitig wurde, sah der junge Sportler den Reiz darin, das Laufen in die Berge zu übertragen. Nach ein paar wenigen kürzeren Trail-Wettkämpfen sollte sich Westenberger´s Karriere in den Ultratrailsport entwickeln. Als der damals 20-jährige es im Jahr 2017 beim Supertrail des Zugspitz Ultratrail auf Platz 3 hinter Hannes Namberger und Lukas Sörgel auf das Podium schaffte, folgten Jahre harter und akribischer Arbeit, die Westenberger zu einem nationalen Topathleten formten.

Mit 21 Sekunden zum ersten Saison-Sieg

In die Ultra Trail-Saison 2022 startete Westenberger ungewöhnlich früh, im April beim Ultratrail Fränkische Schweiz (UTFS), einer Wettkampfveranstaltung im nordbayerischen Mittelgebirge. Dort sah sich der spätere Team Schamel Athlet namhaften Konkurrenten entgegen. Es sollte zu einem Schlagabtausch auf Augenhöhe zwischen Benjamin Bublak und Alexander Westenberger kommen, den Westenberger letztlich für sich entscheiden konnte. Lediglich 21 Sekunden entschieden über den Sieg.

Der Triumph bedeute ihm viel: “Der Sieg hat gezeigt, dass ich auch auf Strecken performen kann, die mir nicht besonders gut liegen”, so Westenberger. Die Strecke des UTFS sei geprägt von einem hochfrequentierten, unrhythmischen Gelände, mit sehr vielen kurzen und steilen Up- und Downhills. Das sei nicht sein bevorzugtes Gelände, würde aber zeigen, dass er sich läuferisch weiterentwickelt habe, da er in den laufbaren Abschnitten des Trails eine wesentlich höhere Geschwindigkeit gelaufen sei, als in den Jahren zuvor.

Der Siegerehrung des UTFS folgt eine Überraschung: Alexander Westenberger sollte von nun an für das fränkische Ultra Trail-Team, Team Schamel laufen.

Heimspiel in Innsbruck

Zeit für ausschweifende Feierlichkeiten blieb Westenberger nicht. Lediglich zwei Wochen später stellte sich der in Hall lebende Trailläufer der Königsdisziplin K110 – Masters of Innsbruck beim Innsbruck Alpine Trailrun Festival. (Strecke verkürzt auf 98km)

Zweiter Sieg in der Saison 2022: Alex beim Innsbruck Trailrun Festival.

Das Rennen sei für Westenberger hart und anspruchsvoll gewesen. Der Österreicher Christian Stern lief ein sehr schnelles Rennen und dominierte über 50 Kilometer das Rennen. “Mit viel Geduld konnte ich auf Christian nach der Hälfte der Strecke, bei circa 48km wieder aufschließen und daraus wurde dann ein ziemlich langer Zweikampf”, erinnert sich Westenberger. Stern musste schließlich dem schnellen Anfangstempo Tribut zollen und Westenberger nutzte seine Chance durch ein schnelleres Handling an der vorletzten Verpflegungsstation, gefolgt von einem schnellen letzten Downhill. Dieser sollte mit ausreichend Vorsprung zum zweiten Sieg der noch jungen Saison führen.

Der Sprung in die nationale Spitze

Nach zwei Siegen innerhalb von zwei Wochen nahm sich der Team Schamel Athlet etwas mehr Zeit, um sich für den nächsten Wettkampf vorzubereiten. Im Juli bewies Westenberger beim Großglockner Ultra Trail endgültig, dass er zur nationalen Spitze im Ultratrail gehört. Bei widrigsten Bedingungen dominierte Alexander Westenberger Österreichs größtes Trailrunning-Event auf der 110 Kilometer langen Königsdisziplin und lief mit mehr als 50 Minuten Vorsprung erneut auf Platz 1.

Mit einer überragenden Leistung beim Großglockner Ultra Trail holt sich Alex den dritten Sieg der laufenden Saison.

„Die Witterungsverhältnisse waren wirklich am äußersten Limit und ließen mich immer mehr nach meinem warmen Hotelzimmer sehnen“

Selbst Dauerregen, einste Rinnsale, die sich zu knietiefen reißenden Strömen formten, konnten den überragenden Westenberger nicht aufhalten. “Die Witterungsverhältnisse waren wirklich am äußersten Limit und ließen mich immer mehr nach meinem warmen Hotelzimmer sehnen“, erinnert sich Alexander Westenberger. Der Großglockner Ultra Trail 2022 sei mit Abstand einer seiner härtesten Rennerfahrungen gewesen, schrieb Westenberger nach dem Sieg beim GGUT auf seinem Instagramkanal. Beim Überqueren der Ziellinie in Kaprun hatte Westenberger den Titel des Underdogs nun endgültig hinter sich gelassen und sich im Herzen der nationalen Trailrunningspitze festgesetzt. Seine größte Prüfung sollte jedoch noch folgen.

Favorit und Debütant zugleich

Beim Adamello Ultra Trail stand Westenberger schließlich als Debütant für den ersten 100 Meiler seiner Karriere am Start. Die bisher von Erfolg gekrönte Saison und das Schreiben seiner Masterarbeit habe Kraft gekostet, doch fühle er sich fit und gut vorbereitet, um das erste Mal über 170 Kilometer in den italienischen Dolomiten zu bestehen, berichtete Westenberger im Vorfeld vor dem Rennen. Wie bei allen anderen Rennen war Westenberger bestens vorbereitet, kannte obgleich der 170 Kilometer Streckenlänge etwa die Hälfte aller Streckenabschnitte des Ultra Trails und lief schließlich nach seiner eigenen Marschtabelle.

So duldete der 100 Meiler-Debütant unaufgeregt Platz 5 bis zum Einbruch der Nacht. Jene Nacht sollte dem Team Schamel Top-Athleten gehören und so schob sich Westenberger binnen Stunden an die Spitze des Rennens. Mit Einbruch des Tages wollte es Westenberger nicht beim Verwalten der Führung belassen und baute seinen Vorsprung mehr und mehr aus. Mit 65 Minuten Vorsprung auf den Italiener Giulio Ornati überquerte Alexander Westenberger als Erster die Ziellinie und besiegelte eine überragende Saison. Vier Ultra Trails, vier Siege.

Die Krönung einer Saison: Alex gewinnt das 100 Meilen Rennen beim Adamello Ultra Trail in den Dolomiten.

Große Ziele begleitet von beruflichen Verpflichtungen

Ohne lange in Erinnerungen vergangener Erfolge zu schwelgen, hat Westenberger bereits die nächsten Ziele fest im Blick, sieht sich in der kommenden Saison 2023 jedoch einer besonderen Herausforderung gegenüber: “Die Vereinbarkeit von beruflichen Verpflichtungen und sportlichen Ambitionen gestaltet sich als extrem schwierig”, so Westenberger, der seit Oktober werktags in Dresden lebt.

Dennoch wolle er bereits im Frühjahr versuchen, an die Leistung vergangener Wettkämpfe anzuknüpfen. Beim Ultratrail Fränkische Schweiz sowie dem Ultra Trail Lamer Winkl startet Westenberger bei deutschen Mittelgebirgsrennen in die Saison. Im weiteren Saisonverlauf sowie in den kommenden Jahren läge der Reiz für den Karpos-Athleten vor allem in langen und technischen Wettkämpfen: “Langfristig plane ich Teilnahmen beim Grand Raid Réunion, Eiger Ultra Trail, Tor des Géants, eventuell dem Tor des Glaciers und nicht zuletzt dem Ultra Trail du Mont Blanc”, so Westenberger.

In den vergangenen zwei Jahren hat sich Alexander Westenberger mit einer eindrucksvollen Siegesserie vom Underdog zum Favoriten entwickelt und sich einen Platz in der deutschen Trailrunning-Spitze verdient. 

Als man Ende 2021 noch nicht so recht wusste, wie man den jungen Athleten einschätzen darf, sieht man sich ein Jahr später einer ganz anderen Frage konfrontiert: Was wäre ein Westenberger in zwei, drei Jahren an Orten wie Charmonix instande zu leisten? 

Quellenangaben und Querverweise:

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