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Alle guten Dinge sind drei? Hoffentlich trifft das kommende Woche auf Kimi Schreiber zu. Zum dritten Mal steht die adidas Terrex-Athletin an der Startlinie des OCC von Orsières nach Chamonix. Über den UTMB-Wahnsinn, das richtige Mindset und verhasste Anstiege.

Kimi, du stehst dieses Jahr zum dritten Mal in Folge beim OCC an der Startlinie. Die letzten beiden Jahre hast du die Top 10 knapp verpasst. Wie gehst du dieses Jahr ins Rennen?

Ich muss aufpassen, dass ich meine Körner nicht verschieße. Ich habe vergleichsweise viel trainiert und wohne außerdem seit Wochen mit meinem adidas Terrex-Teamkolleginnen und Kollegen unter einem Dach. Da ist ständig was los, und wirklich zurückziehen kann man sich nicht. 

Ich bin jemand, der sich schnell unter Druck setzt und das fällt mir gerade etwas auf die Füße. Trotzdem gehe ich um einiges positiver und befreiter in das Rennen als letztes Jahr. Ich hoffe, dass ich das am Donnerstag auch abrufen kann.

Wie schauen die letzten Tage bei dir aus? Wie findest du deinen Rückzugsort in dem ganzen UTMB-Trubel?

Ich bin schon mitten im Tapering angekommen. Der Trainingsumfang geht allmählich runter und die Beine werden mehr hochgelegt. Außerdem suche ich mir jeden Tag mindestens ein Zeitfenster, um mich zurückzuziehen. Sei es beim Arbeiten oder auf einen kurzen Kaffee in der Stadt. Ich brauche das und muss ab und zu aus unserem Chalet-Alltag ausbrechen. Die UTMB-Woche wird verrückt und anstrengend, darauf muss ich mich mental einstellen.

Du bist vergangenes Jahr nach Chamonix gezogen. So richtig glücklich wurdest du dort allerdings nicht. Es ging zurück nach München. Mit ein paar Monaten Abstand: Wie ist es, wieder zurück zu sein? War es die richtige Entscheidung, wieder nach München zu ziehen? 

Es war zu 100% die richtige Entscheidung. Schon als wir Mitte Juli in Chamonix angekommen sind, war das mein erstes Gefühl. Es war natürlich sehr schön zurück zu sein und meine Leute wieder zu sehen. Ich liebe Chamonix nach wie vor, aber dennoch ist München mein Zuhause. Es ist gut zu wissen, das ich nach dem UTMB wieder dorthin fahren kann und nicht diejenige bin, die hier bleibt. Mit fehlt München sehr, ich hatte die vergangenen Wochen immer wieder Heimweh und Sehnsucht nach meiner eigenen Wohnung, meinen Freunden, meiner Familie. Ich bin froh, dass ich es ausprobiert habe. Aber der Schritt zurückzugehen ist das Beste, was ich machen konnte.

Du kennst die OCC-Strecke sehr gut. Ich habe dagegen keine Ahnung, was mich erwartet. Welche Charakteristika hat der OCC? 

Der Start ist in Orsières in der Schweiz. Von dort geht es direkt in einen steilen knackigen Uphill hoch nach Champex-Lac. Das ist tatsächlich der Part, den ich am wenigsten mag. Nach ungefähr der halben Strecke, bei Kilometer 25, läuft man von Trient rüber nach Frankreich, zum Col de Balme.
Diese Traverse ist technisch und anspruchsvoll. Da werden alle herausgefordert, das finde ich gut. Prinzipiell muss man den OCC sehr schlau und aufmerksam laufen und sich die Kräfte einteilen. Am Ende kommt dann noch mein verhasster Anstieg hoch nach Flegère. Eine gemeine Rampe, die es in sich hat und auf der man noch mal viel Zeit verlieren kann. Danach geht es in den letzten langen Downhill runter nach Chamonix. Dort kann man sich dann endlich feiern lassen.
 

Was macht für dich den Reiz des UTMB aus? Es wird in den letzten Jahren immer größer, voller, kommerzieller. 

Hier und da merke ich, dass mich die Größe des UTMB und das ganze Marketing drumherum ziemlich nerven. Wir laufen auf den schönsten Trails, die Community kommt zusammen, wie bei keinem anderen Event. Das Gefühl, durch Chamonix zu laufen ist unvergleichlich.
Ich bin jedoch nicht nur in Chamonix, weil es für mich einen besonders magischen Reiz darstellt oder weil ein Traum in Erfüllung geht. Es ist schon auch die Relevanz des Rennens für den Sport, für meine Sponsoren und damit auch für mich selbst. Alle Brands sind vor Ort, der mediale Fokus ist hoch. Wir bekommen eine Bühne für unseren Sport, die wir sonst nicht bekommen. Das ist ein Grund, warum wir Athletinnen und Athleten immer wieder kommen. 
 

Aber je größer der Event wird, desto größer wird für mich persönlich der Druck. Ich finde der UTMB hat nicht nur gute Seiten. Ich freue mich zwar, dass ich Teil davon sein darf, aber dennoch tut es mir und meiner mentalen Gesundheit nicht nur gut.

Mit welchem Ergebnis bist du nach dem OCC zufrieden? Geht es dir mehr um Zeit oder um die Platzierung? 

Gute Frage… Wann ist Kim Schreiber zufrieden? Auf die Zeit gucke ich ehrlich gesagt gar nicht so sehr. Natürlich will ich schneller sein, als in den Jahren zuvor. Woran ich mich am Ende wirklich messe, ist die Platzierung. Eigentlich ist das quatsch, weil das Rennen von Jahr zu Jahr kompetitiver wird. Eine Top10-Platzierung zu erreichen wird in diesem Jahr viel schwieriger, obwohl ich (hoffentlich) schneller sein werde. Ich will am Ende des Tages einfach im Ziel ankommen und merken, dass ich einen guten Tag hatte und abrufen konnte, was ich trainiert habe. Ich möchte in Orsières starten und spüren: Ich habe die Energie und den Kopf, um heute ein gutes Rennen zu laufen. Wenn ich dann am Ende im Ziel in die Top10 laufe, dann ist das toll. Wenn es am Ende Platz 15 wird und ich aber alles geben konnte, dann wäre das für mich das Allerwichtigste.
 
Beobachtest du vor Rennen die Konkurrenz und checkst vor Rennen die Startliste? Da ist ja jeder Läufer anders…
Ich mache das gar nicht. Meiner Meinung nach hilft es null, die Konkurrenz zu checken. Die Elite ist sowieso unfassbar stark. Was hilft es mir, in die Startliste zu schauen? Da vergleiche ich mich nur noch mehr und baue noch größeren Druck auf. Ich schaue mir auch nicht die Zeiten an, die die Konkurrenz läuft. Am Ende ist es von der besseren Tagesform abhängig. Ich schaue nur auf mich, zumindest ist das der Plan.
 

Kannst du die Trailrunnerin Kimi Schreiber beschreiben? 

Ich glaube, ich kann und ich möchte die Läuferin Kimi nicht von der Person Kimi trennen. Aber wenn wir jetzt mal die Läuferin Kimi fokussieren, dann bin ich schon tendenziell pessimistisch. Diszipliniert, anspruchsvoll an mich selbst. Streng. Kontrolliert. Da kommen einige Eigenschaften zusammen, die eigentlich nicht so toll sind, aber im Leistungssport hilfreich sind.
 
Kimi, vielen Dank für das Interview & viel Erfolg beim OCC! Wir sehen uns in Chamonix. 

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